Tag der Architektur
I.
vor dem neuen Uni-Gebäude
das Publikum: wartend
jedoch
der Architekt: ohne Schlüssel
ein Außenstehender
im Wortsinn – und Ideal:
die Schöpfung braucht
ihren Schöpfer nicht mehr
II.
vor dem Wasserturm,
dem ehemaligen,
Publikum im strömenden Regen
- drinnen: trockener Minimalismus
Vertauschung der Welten
scheint es
doch die fließenden Formen
der Rundung
erinnern
III.
aus Betonmodulen die
Unterkunft für Flüchtlinge
- flexibel gedacht, dann doch
nur: immobil
über dem Hof, dem Türen-Bunt
ein Viereck grauer Himmel
- darüber: Rabenflug
frei
Feld
ein goldenes Meer
mit wogenden Wellen
ein Rauschen und Bauschen
im wechselnden Wind
vielköpfiger Schatz
mit Kämmen und Tälern
ein Neigen und Schweigen
im stillen Moment
schüchtern
es sitzt die Maus in ihrem Loch
und traut sich nicht
und traut sich doch
sie streckt ihr spitzes Näschen raus
und zieht es rasch zurück ins Haus
- ein Schnurrhaar lässt sie draußen stehn
zu prüfen, wie die Winde wehn
changé
mit anderen Augen sehen heißt:
ich höre dir zu
schließe meine Augen und öffne
deine
Missgeschicke
Es sind immer dieselben,
die sich die Beine brechen.
Es sind immer dieselben,
denen bricht es das Herz.
Es stolpern die einen
über Leinen und Rechen,
es stolpern die andern
über tönendes Erz.
Ungebetene Gäste
Die Sorgen schneien dir ins Haus
wie ungeliebte Tanten:
Du duckst dich weg vor ihrem Kuss
- sie drücken dich an ihre Brust:
Zu innig für'n Verwandten.
Dem Schicksal geht der Ofen aus.
Du fühlst dich wohl (gelitten).
Du sinkst ins Sorgen-Dekolletee
(ein Abgrund voller Puder-Schnee).
Jetzt fahr'n sie mit dir Schlitten.
Und wenn die Sorgen wieder gehn
(so stürmisch, wie sie kamen):
Schau, was heil blieb, was zerbrach
- und ihnen nicht zu lange nach.
Es sind nur alte Damen.
Jagdschloss
Hier geht das Ego ein und aus
durch extra breite Türen;
die Fenster gehn aufs Ich hinaus.
Es blühen die Allüren
in extra hohen Buntglasfenstern
- das Ego ruft: „Mehr Licht!“,
denn ihm graut vor den Gespenstern
der Andern. Jedoch nicht,
wenn diese als Trophäen hängen
an den Wänden: ringsumher!
Und sie hängen auch, in Mengen.
Nur die Spiegel bleiben: leer.
Fremde Frequenz
Bist du verliebt
in einen Mann,
der dich nicht will -
und dich mal kann
(was er nicht wird,
ich sagte schon...),
ist er: Musik!
Bloß ohne Ton.
Sommer
blendende Helle
Strandscherben Meerglas
diese Liebe ist endlich hat
Rungholt unter den Füßen